Herbst in Botswana

Camping im afrikanischen Busch

Der Beamte an der Grenze zu Botswana grinst uns zu, als wir ein Visum für 60 Tage verlangen. “Ohhhh, here are many things to see“ meint er und stempelt lächelnd unsere Reisepässe. Noch immer glücklich und zufrieden, nach den Erlebnissen des Vormittags, fahren wir die ersten Kilometer durch Botswana.

Die Vorfreude ist groß. Ende Jänner haben wir nur wenige Nächte in dem riesigen Land verbracht und wollen nun den Rest entdecken. Botswana ist fast doppelt so groß wie Deutschland und zählt mit nur 2,2 Millionen Einwohnern zu den bevölkerungsärmsten Ländern Afrikas. Viele Regionen sind unbesiedelt und große Flächen wurden den Nationalparks gewidmet. Die bekanntesten Highlights sind das Okavangodelta und die Kalahari Wüste, die eigentlich den Großteil Botswanas bedeckt.

Nachdem wir in Kasane das übliche Ankunftsprozedere inklusive Bargeld- und Lebensmittelbesorgung hinter uns gebracht haben, setzen wir unsere Reise in den Süden fort. Entlang der “Hunter’s Road“ fahren wir parallel zur Grenze mit Zimbabwe in Richtung Pandamatenga. Die Straße hat ihren Spitznamen aus der unrühmlichen Vergangenheit, in der die Jagd auf Elefanten ein gewöhnliches und lukratives Geschäft war. Unmengen an Elefantendung zeugen davon, dass die Dickhäuter noch immer in großen Mengen präsent sind. Wir haben Glück und sichten entlang der ersten 100 Kilometer mehrere der Riesen unweit der Straße. Bevor wir Pandamatenga erreichen, sehen wir außerdem etwas Vertrautes aus der Heimat. Links und rechts der Straße wird großflächig Ackerbau betrieben. Wie Zuhause und ganz anders als in Afrika bisher gesehen, sind die Grenzen millimetergenau markiert und die Felder gleichmäßig bestellt. Eindeutig – weiße Farmer sind mit teuren Geräten am Werk.

Was uns obendrein auffällt, sind die Farben. Der Herbst hält Einzug im Süden Afrikas und die Landschaft leuchtet ungewohnt Gelb. Die Tage, an denen mittags kein Schatten sichtbar war, sind vorbei. Vielmehr hat sich die Sonne, der nördlichen Hemisphäre gewidmet. Zur Bestätigung erhält Ines seit Wochen Nachrichten über das schöne Wetter in der Heimat.

Michi und der Bus fühlen sich einstweilen wie im siebten Himmel. Aus den Lautsprechern plärren die Black Keys “Gold on the Ceiling“, während wir über die glatte Asphaltstraße fliegen. Jawohl, fliegen! Denn wir fahren zum ersten Mal seit Monaten über 100km/h schnell – Lichtgeschwindigkeit verglichen zu den letzten Etappen.

Unser erster Stopp soll ein spezieller werden. Per I-Overlander App haben wir eine Lodge entdeckt, die abseits des Betriebes noch eine kleine Camping Stellfläche mitten im afrikanischen Busch anbietet. Der Besitzer soll Österreicher sein und wird als “super nice“ beschrieben. Er heißt Franz und wie wir rasch herausfinden, ist er tatsächlich ein netter Kerl. Von seinen 59 Lebensjahren hat er 40 in Afrika verbracht, die letzten 18 samt seiner südafrikanischen Gattin in Botswana. Er freut sich über Gäste aus seiner alten Heimat und sucht das Gespräch mit uns. Franz schwärmt vom Leben im Busch, den wilden Tieren und kommt bald auf seine größte Leidenschaft zu sprechen. In der Hoffnung einen Gleichgesinnten gefunden zu haben, führt Franz Michi sein Jagdgewehr samt neuem Zielfernrohr vor.

Aus Respekt und Interesse an seinen Beweggründen halten wir unsere Meinung vorerst bedeckt. Michi hält die großkalibrige Munition in der Hand, als Franz von der Durchschlagskraft zu schwärmen beginnt. Dabei beschreibt er genau die Stelle, an der man einen Elefanten treffen muss, um ihn niederzustrecken. Die unschönen Bilder im Kopf bewegen uns dann doch rasch dazu, seine Motive zu hinterfragen. Wie viele Jäger, reizt ihm der Nervenkitzel, einem wilden Tier gegenüberzustehen und dabei über Leben und Tod verfügen zu können. Außerdem rechtfertigt er die Jagd auf Elefanten dadurch, dass es zu viele von ihnen gibt und die Dickhäuter den Baumbestand gefährden. Es mag Abschnitte in Botswana geben, in den diese Argumentation gar nicht so weit hergeholt ist, jedoch haben wir fürs Erste genug erfahren und machen uns auf den Weg zum Stellplatz.

Tatsächlich befindet sich die Stellfläche abseits des kleinen Hauptgebäudes. Ohne jegliche Ausstattung hat das kleine Plätzchen durchaus Charme.

Am Abend sitzen wir inmitten weißer Farmer an der Bar. Es wird afrikaans gesprochen, Bier getrunken und im Hintergrund läuft ein Cricket-Match. Wir sitzen wegen dem einsehbaren Wasserloch an der Bar und werden belohnt. Zwei Eland Antilopen löschen ihren Durst im sanften Scheinwerferlicht. Franz verfolgt ihre Schritte per Fernglas und schwärmt von der Schönheit der massigen Tiere. Seine Begeisterung für die Tierwelt steht für uns im Widerspruch zu dem Verlangen, den Auslöser zu drücken. Gleichzeitig erkennen wir, dass hinter dem jagdfreudigen Waffennarr ein liebevoller Familienvater steckt.

Etwas bemerken wir an diesem Abend noch: Der fortgeschrittene Herbst in Botswana lässt uns ordentlich frieren. Es ist kalt geworden in Afrika. Dick zugedeckt schlummern wir dahin, bevor uns ein Geräusch aus dem Einschlafmodus reißt. Etwas spaziert auf unserem Dach. Wir ziehen das Dachrollo zurück und leuchten nach oben. Zwei Augen reflektieren und wir müssen lachen. Tatsächlich ist es die niedliche Hauskatze der Lodge, die zu später Stunde unsere Nähe sucht.

Mit den ersten Sonnenstrahlen am Morgen, kehren auch die angenehmen Temperaturen zurück. Um unseren Bus leuchten Bäume und Sträucher in allen erdenklichen Gelbtönen. Wir trinken Kaffee und lauschen den Geräuschen, als wir Schritte hören. Kein wildes Tier, sondern ein begeisterter Franz ist im Anmarsch. Unweit des Geländes sind gestern Geparden gesichtet worden. Franz bietet uns an, ihn am Nachmittag auf seinem Pick-Up zu begleiten, um die großen Katzen zu suchen. Wir freuen uns und willigen sofort ein. Die nächsten Stunden verbringen wir glücklich im afrikanischen Busch. Ines widmet sich entspannt einem Buch und kocht, während Michi sich einer ungewöhnlichen Reparatur widmet. Das Innenleben seines Rucksacks ist völlig verschlissen, worauf er eine ausgiebige Näh-Session einlegt.

Am Nachmittag hüpfen wir gemeinsam mit Franz 13-jährigen Sohn auf die Ladefläche des Pick-Ups und begeben uns auf die Suche. Der Wind bläst uns kräftig um die Ohren, denn Franz möchte keine Zeit verlieren. Bei der benachbarten Lodge holt er seinen Freund ab, der gestern die seltene Entdeckung gemacht hat. Er soll uns zu dem Ort bringen, wo insgesamt sechs Geparden herum gestreift sind. Im Busch lässt der Fahrtwind nach, dafür hebt es uns regelmäßig aus den Sitzen, als wir im wortwörtlichen Sinne über Stock und Stein fahren. Nach zwei Stunden erfolgloser Suche halten wir zwischen den Büschen, um eine Pause einzulegen. Die zwei Freunde gönnen sich einen Drink, während wir abseits des Fahrzeugs etwas entdecken. Eine Ansammlung riesiger Knochen liegt weit verteilt im flachen Gras. Ein Hüftknochen, der gut einen Meter lang ist, liegt neben einzelnen schwertgroßen Rippen. Wenige Meter dahinter ragt der riesige Schädelknochen des Elefanten aus dem Gras. Ines findet daneben einen bestens erhaltenen Zahn, der genauestens inspiziert wird.

Auch am Weg retour gibt’s kein Anzeichen der Geparden. Wir frieren uns bei der Rückfahrt kräftig den Hintern ab und sind gleichzeitig glücklich über den spannenden Nachmittag.

Nicht nur weil es uns im Busch gut gefällt, sondern auch weil Michi am Abend ein Highlight erwartet, bleiben wir einen weiteren Tag. Zum ersten Mal seit Monaten kann er per Satelliten TV ein Fußballspiel verfolgen. Dazu noch seine Lieblingsmannschaft Real Madrid, die im Champions League Halbfinale auf die ungeliebte Mannschaft von Bayern München trifft.

Davor birgt der Tag noch einige Überraschungen. Nach unserem Frühstück spazieren wir in die Lodge um die limitierte vormittägliche Strom- und somit Internet-Stunde zu nutzen. „Kummts mit“ schreit uns Franz zu, als wir die Lodge betreten. Er möchte uns durch das Gelände führen, um wieder Ausschau nach Tieren zu halten. Wieder finden wir uns auf der Ladefläche ein und staunen nicht schlecht, als wir knapp 200 Meter hinter unserem Bus Giraffen entdecken. Wie lange sind die Tiere schon hier? Wie konnten die Langhälse unserer Wahrnehmung enthalten bleiben?

Im unteren Stockwerk laufen einige Zebras umher und die umgeknickten Bäume deuten darauf hin, dass auch Elefanten in der Nähe unterwegs sind. In einer knappen dreiviertel Stunde sehen wir weit mehr Tiere, als auf unserer gestrigen Buschfahrt. Noch dazu in unmittelbarer Nähe zu unserem exklusiven Stellplatz.

Am Nachmittag sammeln wir wieder einmal fleißig Holz, bevor Ines zu ihrer Parade Übung schreiten kann. Das Brot backen auf offenen Feuer hat sie mittlerweile perfektioniert. Die Ergebnisse könnten sich nicht nur in afrikanischen Bäckereien sehen lassen. Das frische Brot aus den Händen der Bäckermeisterin Ines – ein Erfolgsgarant und Eckpfeiler unserer Reise.

Gegen 20:30 ist es soweit: Michi nimmt vor dem Fernseher Platz ein und wird außer von Ines noch von Franz Sohn unterstützt. Zwei Stunden später steht ihm die Freude ins Gesicht geschrieben. Seine Lieblingsmannschaft aus Madrid hat 2:1 gewonnen. Danach leuchten wir uns unseren Weg zurück durch den Busch. Als wir im Bus unser Bett aufbauen, hören wir vertraute Geräusche aus der Nähe. Zum “Whooop“ einer Hyäne hüllen wir uns in die Schlafsäcke. Auch die nachtaktiven Jäger sind anscheinend Real Madrid Fans.

Am Morgen dürfen wir Franz ein weiteres Mal auf einen Game Drive begleiten. Zwei Touristen haben gebucht und uns nimmt er wiederum kostenlos mit. „I fohr jo sowieso“ meint der spendable Chef und wir können kaum ablehnen. Wiederum fahren wir in die Gegend, wo wir vor zwei Tagen bereits auf Gepardensuche waren. Auch an diesem Tag kreuzen nur wenige Tiere unseren Weg. Ein seltenes entdecken wir am Ende der Fahrt trotzdem. Eine ausgewachsene Säbelantilope steht im dunklen Schatten eines Baumes und beäugt uns kurz, bevor es in Windeseile die Flucht ergreift. Nach drei Nächten im Busch, geht unsere Reise weiter in den Süden.

Giraffenkot zum Frühstück

Nur etwas mehr als eine Stunde liegt das nächste Camp entfernt – zumindest theoretisch. Nachdem wir das Örtchen Pandamatenga passieren, erleben wir Wildwechsel der besonderen Art. Nur alle zehn Minuten kommt ein Auto entgegen, dafür sind es Elefanten, die den Hauptanteil am Straßenverkehr ausmachen. Immer wieder kreuzt ein Riese die Straße oder vergnügt sich fressenderweise am Straßenrand. Wir haben Freude und genießen die langsame Fahrt.

Am Nachmittag treffen wir ohne Reservierung im Elephant Sands Camp ein und können uns darüber freuen, noch einen Stellplatz zu ergattern. Wie wir erfahren, haben die Nachbarn aus Südafrika Ferien und strömen in großen Mengen samt ihren Anhängern und Dachzelten nach Botswana.

Wir wollen die Ankunft der restlichen Menschen nicht erleben und bevorzugen, den späten Nachmittag am Wasserloch zu verbringen. Es dauert nicht lange bis ein Elefant zwischen den Zelten hervor spaziert und seinen Durst löscht. Obwohl das Wasserloch seitens Besitzer künstlich angelegt wurde, nutzen die Tiere den Ort regelmäßig in großen Mengen. Inmitten der überfüllten Campsite fühlen wir uns wenig wohl und beschließen am kommenden Morgen weiterzufahren. Davor wollen wir noch etwas ganz spezielles erleben: eine “Walking-Safari“ am nächsten Morgen.

Nach dem Abendessen geht’s zeitig ins Bett, zumindest versuchen wir das. Zehn Meter neben uns, ertönt grausliche Schlager-Partymusik aus einem Auto der Campnachbarschaft. Michael zieht sich wieder an und macht sich auf den Weg zu den Störenfrieden. Überaschend widerstandslos und freundlich lassen sich den südafrikanischen Nachbarn überzeugen und drehen die Musik ab.

Es ist noch stockdunkel, als uns der Wecker um 5:00 aus dem Bett läutet. Die Temperatur liegt bei erfrischenden 12 Grad. Ein paar Kleidungsschichten inklusive, treffen wir unseren Guide Chris gegen 5:45. Der bewaffnete Ranger ist um diese Uhrzeit ebenso wenig gesprächig wie wir und beschränkt sich aufs Wesentliche. Die Regeln, an die wir uns halten müssen, sind klar: Nicht davonlaufen (egal wie groß und wild das Tier auch sein mag), immer im Gänsemarsch fortbewegen, bestenfalls flüsternd kommunizieren und auf die kriechenden Tiere am Boden achten.

Wir starten unseren Fußmarsch in den Busch, bevor die ersten Sonnenstrahlen, die Umgebung erhellen. Mit jedem Schritt weg von der Campsite, steigt die Spannung. Chris hält regelmäßig an, um uns beim Spurenlesen zu unterstützen bzw. zu fordern. „What animal is it?“ fragt er uns, während er uns jeweils eine grünbraune Kugel Tierkot in die Hände drückt. Unsere Rateversuche schlagen fehl. Wie wir postwendend erfahren, sind die Kügelchen die Giraffen hinterlassen, relativ leicht zu erkennen. An jeweils einem Ende sind die runden Hinterlassenschaften angespitzt. Dann sind einige Pflanzen an der Reihe. Waschmittel, Nahrung und Medizin stellen die wenigen Sträucher und Bäume dar, die in hier am Rand der Kalahari wachsen. Termitenhügel zeigen in Botswana außerdem immer nach Westen, lernen wir. Ines stellt sich vor allem beim Erkennen der Kräuter bestens an, während Michis ausgeprägter Orientierungssinn den Ranger beeindruckt. Auch Tiere lassen sich blicken. Mehrere Giraffen bewegen sich in unserer unmittelbaren Nähe und erwidern unsere Blicke. Danach beobachten wir, wie eine Zwergmanguste ein Eichhörnchen von ihrem Baumstamm vertreibt. Etliche prächtige Spinnennetze bedecken Pflanzen und Sträucher. Manche davon größer als ein durchschnittlicher Fernseher, andere wiederum wickeln sich wie Zuckerwatte um einen Ast. Auch zu den unterschiedlichen Krabbeltieren kennt Chris einige Fakten. Wir beide genießen es, durch den Busch zu wandern und dabei zu versuchen unsere Umgebung zu verstehen. Die Stunden mit dem Ranger sind lehrreich und vergehen schnell.

Am späten Vormittag verabschieden wir uns am Eingang des Camps von Chris und packen unsere Sachen. Obwohl der Platz etwas leerer geworden ist, wollen wir weiter in den Süden.

Bei der Stadt Nata gelangt man in die riesigen Makgadikgadi-Pfannen. Wo vor tausenden von Jahren ein See war, findet sich nun eine 8400 Quadratkilometer große Salzpfanne. In Sachen Größe, wird dieser spektakuläre Ort nur von der Salar de Uyuni in Bolivien übertroffen. Die zungenbrecherischen Makgadikgadi-Pfannen befinden sich im Nordosten der Kalahari und beheimaten überraschenderweise zahlreiche Tiere, die sich in der lebensfeindlichen Umgebung bestens zurechtfinden.

Der Weg nach Nata übertrifft nochmals die vorherigen Passagen der “Hunter’s Road“. Zuerst halten wir mitten auf einer endloslangen Geraden. Wir steigen aus, spazieren über den botswanischen Highway, hören und sehen kein Auto oder andere Anzeichen von Menschen. Wegen einem großen Tier halten wir vier Minuten später. Ein Elefant vergreift sich neben der Straße an einem Strauch und fächert synchron mit seinen Ohren. Gegenüber von ihm halten wir, um dem prächtigem Elefantenbullen etwas zuzusehen. Die Situation bleibt entspannt. So entspannt, dass Michael beschießt auszusteigen. Vorsichtig pirscht er hinter dem Bus entlang, um ein gemeinsames Foto der tonnenschweren Reisegefährten zu machen. Es gelingt Michi, den Elefanten nicht zu stören. Glücklich samt Fotos kehrt er auf den Fahrersitz zurück und wir sehen dem sanften Riesen noch einige Momente zu. Er soll nicht der einzige bleiben. Drei weitere Male halten wir an der Straße und beobachten Elefanten aus nächster Nähe.

In Nata angekommen, steuern wir den örtlichen Supermarkt an. Noch deutlicher als in Kasane, spiegelt ein Besuch hier, die Zusammensetzung der Bevölkerung wieder. Hier am Rande der Kalahari leben hauptsächlich die Nachkommen der erster Menschen, die das südliche Afrika besiedelt haben. Die sogenannten Buschmänner und San. Sie unterscheiden sich äußerlich klar von den Bantu stämmigen Afrikanern, die hier ebenso ansässig sind.

Nach dem Einkauf versucht Michi sein Glück beim benachbarten Frisör. Die “Gnackmattn“ hat für ihn ein Ausmaß an Unerträglichkeit erreicht, dass er schnellstmöglich ändern will. Der junge Bursche präsentiert stolz alle Aufsätze seines Rasierers, doch Michis Vertrauen bleibt gering. So muss seine neue Haarpracht noch etwas länger erhalten bleiben.

Im Eselbe Camp am Stadtrand von Nata treffen wir außer den freundlichen Gastgebern Rupert und Sophie noch ein südafrikanisches Paar. Die Beiden kommen aus der Gegenrichtung und haben es trotz Allradfahrzeug nur bis zum äußersten Rand der Pfanne geschafft. Auch von anderen Reisenden haben wir vorab schon vernommen, dass die vergangene Regenzeit so ausgiebig war, dass die Makgadikgadi-Salzpfannen stark überflutet sind. Unsere Überraschung hält sich nach den verregneten Monaten in Grenzen, die Hoffnung auf einen Abstecher wollen wir trotzdem nicht begraben. Am Abend wird beim Lagerfeuer geplaudert und getrunken. Zu sechst sitzen wir unter einem wolkenlosen Sternenhimmel. Wir sind zufrieden – kristallklar, wie zuletzt in Namibia, leuchtet die Milchstraße über uns.

Nach einer ruhigen Nacht macht sich Michaels unruhiger Hintern bemerkbar. Wie so oft in Afrika, sieht er überall kleine Arbeiten, die man leicht erledigen könnte. In diesem Fall handelt es sich um eine tiefe Grube mitten am Campingplatz. Nebenbei liegt zufällig ein großer Haufen Schotter, der nur per Schaufel bewegt werden müsste. Michael bietet Rupert seine Hilfe an und der willigt dankbar ein. Seine Freundin Sophie holt sich von Ines währenddessen Feedback zur Campsite ein und lauscht ihren Ideen. Ein Vorschlag wird sofort umgesetzt. Die Gäste sollen in der kleinen Gemeinschaftsküche ein Rezeptbuch anlegen. Ines macht den Anfang und schreibt vier ganze Seiten voll. Die zwei Männer schwitzen nebenbei beim Schaufeln und müssen altersbedingt alle fünfzehn Minuten rasten. Einen zwickt die Wirbelsäule, den Anderen die Hüfte. Das Tempo kann sich trotzdem sehen lassen und der glückliche Rupert bedankt sich bei uns mit einer Gratis-Nächtigung.

Am Nachmittag leihen wir uns eines von Ruperts Kanus und paddeln gemeinsam gegen die leichte Strömung des Nata-Rivers. Zuletzt sind wir vergangenes Jahr in Namibia in einem Kanu gesessen. Wenige Stunden bevor Ines Unfall passiert ist. So therapieren wir uns paddelnd im Takt übers Wasser, sehen Esel und Kühe am Ufer und nur einen einzigen Menschen. Die Stunden am Fluss vergehen schnell. Kurz vor Sonnenuntergang legen wir wieder an und steuern einer heißen Dusche entgegen

Beim Lagerfeuer wird mit Sophie und Rupert wieder lange geplaudert. Die jungen Gastgeber schließen uns so sehr ins Vertrauen, dass sie uns bitten, für zwei Tage das Camp zu führen. Buchungen sind keine eingegangen und Arbeit falle kaum an, meinen die Beiden. „Just in case somebody shows up“ sagt Rupert. Wir fühlen uns geschmeichelt und bitten trotzdem um Bedenkzeit bis zum Frühstück. Einerseits möchten wir den Beiden gerne helfen, andererseits wollen wir rasch die Salzpfannen sehen.

Der Frühstückskaffee bringt soweit Erkenntnis. Wir teilen das frischgebackene Brot mit unseren Gastgebern und teilen ihnen mit, dass wir weiterreisen wollen. Davor schaufelt Michael noch alleine eine frische Ladung Schotter, während Ines den Bus startklar macht. Von der Ostseite können wir derzeit nicht in die Makgadikgadi Pfanne gelangen. Darum steuern wir in Richtung Westen, in die Kleinstadt Gweta. Dort wollen wir unser Glück probieren.

Zu Besuch bei den Erdmännchen

Die Strecke dorthin ist weit weniger spektakulär, als wir erwartet haben. Zwei Strauße laufen neben der Straße kurz mit uns um die Wette, ein Blick auf die Salzpfannen bleibt uns jedoch verwehrt. Kurz vor Gweta halten wir an der Planet Baobab Lodge, wo wir uns nach kurzer Inspektion der Campsite zur Weiterfahrt entscheiden. Mehr Glück haben wir direkt in Gweta bei der Campsite der gleichnamigen Lodge. Zumindest handelt es sich um eine ruhige Anlage mit netten Mitarbeitern. Wir erkundigen uns nach Ausfahrten in die Salzpfanne und erfahren, dass die Lodge selbst derzeit keine Aktivitäten in der Pfanne anbietet. Manche Stellen sind noch unter Wasser, andere noch nicht trocken genug, um sie zu befahren. Wir sind also definitiv zur falschen Zeit in die Gegend gekommen. Zum Trost wollen wir uns etwas Schönes gönnen und zumindest die Erdmännchen am Rand der Pfanne besuchen. Am Abend buchen wir bei der Rezeption unsere Ausfahrt für den kommenden Morgen. Der Guide stellt sich am Abend noch kurz vor und entpuppt sich Quasselstrippe mit geschätzt 60 strahlenden Zähnen im Mund. Sein Name ist Lash und er wird uns am nächsten Morgen an den Rand der Pfannen bringen.

Es fröstelt gewaltig als wir am Morgen aufwachen. Die Temperatur ist einstellig, was eine extra Schicht an Kleidung bedeutet. Wir nehmen auf dem offenen Safarifahrzeug unsere Plätze möglichst geschützt hinter der Fahrerkabine ein. Dahinter sitzt ein Franzose, seine Frau setzt sich ungeniert auf den geschützten Beifahrersitz. Die Strecke, die wir in der nächsten Stunde hinter uns bringen, gleicht einem Labyrinth. Michael stellt fest, dass wir nach Südosten fahren – die richtige Richtung immerhin. Zwischen dichten Sträuchern schlängelt sich der Landcruiser auf der sandigen Piste, während uns der eisige Wind zu schaffen macht. Als wir am Rand der Pfanne ankommen, weht der Wind immer stärker und schafft es trotzdem kaum, die dichte Wolkendecke zu lüften. Wir verlassen das Fahrzeug und bewegen uns langsam und vorsichtig über das Grasland. Zuerst kommt eines, dann ein weiteres Erdmännchen aus einer Höhle.

Die niedlichen Tiere werden im südlichen Afrika “Meerkats“ genannt und leben nur in und um das Gebiet der Kalahari. Sie ernähren sich hauptsächlich von Insekten, aber verschmähen kleine Skorpione oder Schlangen ebenso wenig.

Die Erdmännchen, die sich vor uns nach und nach aus dem unterirdischen Gemach trauen, könnten herzerwärmender kaum sein. Während sie ihre gegenseitige Zuneigung demonstrieren,  geben sie kurze Quietschlaute von sich. Im langsamen Pirschmodus nähern wir uns auf wenige Meter, als die beiden Franzosen an uns vorbeistürmen. Sie platzieren sich, samt ihren massiven Teleobjektiven, direkt vor dem Ausgang der Höhle. Wir sind wenig begeistert, doch den Erdmännchen macht es nach wenigen Minuten nichts mehr aus und sie strömen zahlreich aus ihren Höhlen. Zu allerletzt sind die frischgeschlüpften Erdmännchen dran. Das offensichtliche Elternpaar lässt die Jungtiere nicht aus den Augen und ermutigt sie gleichzeitig aus der Höhle zu kommen. Daneben steht der Rest der Familie aufrecht und versucht die wenigen Sonnenstrahlen einzufangen, die durch die Wolkendecke durchdringen.

Nach zwei Stunden lassen wir die süßen Dinger zurück und fahren weiter in die Pfanne. Unser Guide Lash traut dem salzigen Boden wenig und beschließt auf einem Ufer aus Gras zu stoppen. Unsere ersten Schritte auf dem Untergrund hinterlassen bereits Spuren und wir sind bestens beraten, das Fahrzeug stehen zu lassen. Selbst Leichtgewicht Ines achtet genau auf ihre Schritte, während wir uns auf der Salzkruste bewegen. Nach einigen Fotos, klettern wir wieder in den Landcruiser und machen uns auf den Rückweg. In den wenigen Stunden haben wir sehr schöne Momente erlebt, verlassen die Pfanne innerlich glücklich und äußerlich etwas unterkühlt.

Zurück im Bus bauen wir wieder das Bett auf und legen ein Nickerchen unter allen verfügbaren Decken ein. Auch danach wird uns nur langsam warm. Wir lassen den Sonnenschein nachhelfen und sind gegen Abend wieder fit. Michael besonders. Da das Wi-Fi der Lodge langsam aber stetig funktioniert, hofft er auf einen Livestream des Rückspiels zwischen Real Madrid und Bayern München. Ines darf wieder mit Daumen drücken. Auf einem kleinen Bildausschnitt kann Michi mit einigen Minuten Verspätung das Spiel verfolgen. Wiederum verläuft das Ergebnis positiv und ein Mann samt strahlendem Siegerlächeln begleitet Ines ins Bett.

Am nächsten Tag ist Ruhe angesagt. Wir erledigen unseren allfälligen Arbeiten und tanken danach wieder Solarenergie. Die Route für die Weiterreise wird gleichzeitig festgelegt. Wir wollen auch das westliche Ende der Pfanne ansteuern und danach ins Okavangodelta weiterfahren. Spannende Tage im Westen Botswanas warten auf uns.

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Kommentare: 5
  • #1

    Katrin (Dienstag, 29 Mai 2018 15:53)

    mir wird immer noch nicht fad beim lesen! ein bisschen afrika bei mir im büro ; )
    bussi

  • #2

    Xandi (Dienstag, 29 Mai 2018 17:28)

    Bei den süßen Erdmännchen wäre ich auch lange geblieben!
    Toll das ihr so viele Elefanten � zu sehen bekommt die einfach neben der Straße rumstehen. Bin gespannt ob Michi mit den langen Haaren noch nach Wien kommt um sie uns live zu zeigen oder ob du doch noch einen vertrauenswürdigen Frisör findest... sonst kann ich sie dir gerne in ein paar Wochen abschneiden �
    Bussi ihr zwei und genießt noch die letzten Wochen!!

  • #3

    And (Dienstag, 29 Mai 2018 22:23)

    Ach wieder super schöne Bilder und toller Text! <3
    Uuund ich freu mich natürlich sehr, dass es mein Stirnband zu den Erdmännchen geschafft hat :-)

  • #4

    Lilly & Sepp (Mittwoch, 30 Mai 2018 16:57)

    Auch von uns mal wieder schöne Grüße. Wir freuen uns natürlich euch Beiden wieder zu sehen, aber jetzt, genieß noch die Zeit in Afrika! Vielleicht macht das Wetter doch besser mit!

  • #5

    Sophie (eselbe camp) (Dienstag, 28 August 2018 09:52)

    Hi Ines and Michi,
    I finally got the chance to read some of your blogs (a bit challenging for my German skills) and admire your pictures! The recipe book is a big hit, feel free to come back anytime to add a few more recipes :)
    Hope you guys are well!
    Safe travels, R&S